Biodiversitätsmanagement |
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Wie die EUDR zur Chance für resilientere Lieferketten wird.

Verfasst von Katja Büttner

Business Case resilientere Lieferketten.

Hier erfährst Du …

Wälder sind die grüne Lunge unseres Planeten, heißt es so schön. Aber: Sie sind auch das Rückgrat unserer Wirtschaft. Denn Wälder spielen eine entscheidende Rolle in der globalen Wertschöpfung. Gerade deshalb verschwinden sie jedoch in alarmierendem Tempo: Zwischen 1990 und 2020 wurden weltweit 420 Millionen Hektar Wald zerstört – eine Fläche größer als die gesamte Europäische Union. 588 Millionen Fußballfelder, wenn wir bei der offiziellen deutschen Flächeneinheit bleiben wollen.

Besonders Rohstoffe wie Soja, Palmöl, Kakao, Kaffee, Holz oder Rindfleisch stehen häufig mit Entwaldung in Verbindung. Die neue EU-Entwaldungsverordnung EUDR macht deshalb eines unmissverständlich klar: Wer seine Produkte in der EU verkaufen will, muss nachweisen können, dass sie entwaldungsfrei produziert wurden. Und zwar rückwirkend bis 2020.

Mehr Fragen als Antworten: Warum viele Unternehmen nicht ins Handeln kommen.

Klingt an sich erst einmal klar. Trotzdem ist ein Großteil der betroffenen Unternehmen weniger als 6 Monate vor Start der EUDR noch immer unsicher:

  • Woher bekomme ich die Geodaten, mit denen ich die Entwaldungsfreiheit nachweisen muss?
  • Wie analysiere ich Legalitäts- und Entwaldungsrisiken?
  • Wer erstellt die verpflichtenden Sorgfaltserklärungen: ich oder mein Lieferant?

Obendrauf kommen noch typische Hürden aus der Praxis:

  • Mangelnde Infrastruktur für das Erfassen und Verwalten von Geodaten
  • Unvollständige, veraltete oder nicht standardisierte Lieferantendaten
  • Personelle Engpässe, fehlendes fachliches Know-how, keine Zeit
  • Falsch eingeschätzter Aufwand bei der Vorbereitung der EUDR-Compliance
  • Keine etablierte Zusammenarbeit mit vorgelagerten Akteuren

Ohne gezielte technische und prozessuale Vorgehensweise bleibt ein Großteil der EUDR-Anforderungen unerfüllt – mit dem Risiko, den EU-Marktzugang zu verlieren.

 „Manuell ist die EUDR kaum möglich, wenn man es in irgendeiner Weise pragmatisch halten möchte“, bemerkt Supply-Chain-Experte Klaus Wiesen von VERSO

Doch wie kann ein pragmatischer, gleichzeitig rechtskonformer Weg in der Praxis aussehen? Wie gelingt es, bestehende Strukturen so weiterzuentwickeln, dass die EUDR nicht zur Dauerbaustelle wird? Ein Beispiel aus der Praxis zeigt, worauf es ankommt und warum nicht die Verordnung das Problem ist, sondern der fehlende Rahmen für ihre Umsetzung.

Wie der Weg zur EUDR-Compliance gelingt: Ein Praxisbeispiel.

Ein mittelständischer Lebensmittelhersteller beschloss, die EUDR-Anforderungen nicht auf den letzten Drücker anzugehen, sondern frühzeitig Strukturen zu schaffen. Im Grunde wussten alle im Projektteam, was zu tun war: Geodaten beschaffen, Risiken analysieren, Sorgfaltserklärungen erstellen.

Das Unternehmen versuchte zunächst, die Anforderungen intern zu lösen. Doch die Compliance drohte am fehlenden Fundament zu scheitern: verlässlichen, belastbaren Beziehungen und einem strukturierten, nachvollziehbaren Datenaustausch mit den Lieferanten.

Geo-Koordinaten wurden nur sporadisch bereitgestellt, Fristen liefen ins Leere und der Aufwand zur Nachverfolgung wuchs ins Unermessliche. Es war klar: Auf diese Weise wird die EUDR-Compliance krachend scheitern. Bußgelder und Handelsverbote inklusive. Um bis zum Start der EUDR rundum vorbereitet zu sein, wandte sich der Einkaufsleiter an VERSO.

Die Lösung lag in einer Kombination aus Prozessklarheit und technischer Unterstützung: Mit dem EUDR-Modul im VERSO Supply Chain Hub wurde ein standardisierter Lieferantenworkflow etabliert – inklusive: 

  • Automatisierter Abfragen für Geodaten und Risikoinformationen 
  • Dokumentation aller Interaktionen und Dateneingänge 
  • Plausibilitätsprüfungen direkt im System 
  • Klare Statusübersichten pro Lieferant, Charge und Rückmeldung 

Transparenz statt Blindflug.

Das EUDR-Modul versendet standardisierte Anfragen direkt an die Lieferanten mit klaren Anforderungen, hinterlegten Fristen und einer strukturierten Eingabemaske. Rückmeldungen, inklusive Geodaten, landen direkt im System. Wo vorher der Einkauf nachtelefonierte, zeigte nun ein Dashboard: Welche Lieferanten haben reagiert? Wo fehlen Daten? Wo besteht Handlungsbedarf?

Was sich dadurch änderte:

  • Rückmeldungen wurden revisionssicher dokumentiert
  • Rücklaufquoten stiegen signifikant
  • Die Nachverfolgung erfolgte automatisch – je Charge, je Produkt, je Lieferant

Ein Projektverantwortlicher meinte:
„Allein die Visualisierung, wie weit wir in der Lieferkette tatsächlich kommen, hat uns enorm geholfen.“

Effiziente Geodatenerfassung für alle eingehenden Bestellungen im Lieferantenportal des VERSO Supply Chain Hub. Die Darstellung illustriert das Einzeichnen der Polygone und die anschließende automatisierte Plausibilisierung, bei der Fehler wie ungültige Geometrien oder Überlappung mit Gewässern erkannt und direkt vom Lieferanten korrigiert werden können.

Risikobewertung ohne Spezialwissen.

Nachdem die eingegangenen Daten automatisch auf ihre Plausibilität geprüft wurden, übernimmt das Modul die Risikobewertung: Flächen werden Satellitendaten und bestehenden Entwaldungsdatenbanken zugeordnet, Risikozonen farblich visualisiert. Auch regionale Legalitätsrisiken, z. B. in Bezug auf Waldschutzgesetze, flossen in die Bewertung ein. Für Lieferanten in der EU wird die bereitgestellte Sorgfaltserklärung automatisiert verifiziert und der Lieferant mithilfe von EUDR Compliance-Fragebögen hinsichtlich seiner Due Diligence-Prozesse bewertet.

Das Einkaufsteam konnte sofort erkennen, welche Lieferungen aus Risikogebieten stammen, ohne zusätzliche Tools oder technische Kenntnisse. Die Zusammenarbeit zwischen Einkauf, Legal und Nachhaltigkeit wurde dadurch wesentlich effizienter.

Ganzheitliche Risikoanalyse für Importeure und Händler im VERSO Supply Chain Hub. Basierend auf dem EU-Benchmarking ermittelt die Plattform automatisiert Lieferkettenrisiken, Entwaldungsrisken sowie Legalitätsrisken und stellt für jedes Grundstück ein Auditreport als Nachweisdokument bereit. Die Methodik der Risikoanalyse wurde vom Rechtspartner Taylor Wessing begleitet.

Sorgfaltserklärungen per Klick.

Anschließend erzeugt das System auf Knopfdruck die vorgeschriebenen Due Diligence Statements (DDS). Für jede Lieferung, pro Produkt, vollständig dokumentiert. Die Zollvorgaben werden dabei automatisch berücksichtigt.

Der VERSO Supply Chain Hub erstellt automatisiert für jede konforme Charge ein Due Diligence Statement in EU-Traces und übermittelt anschließend die Referenz- und Prüfnummer über die VERSO API zurück ins ERP-System des Users.

Regulatorik als Katalysator für Resilienz.

Die Erfahrung aus der Praxis zeigt: Wer sich jetzt mit der EUDR auseinandersetzt, schafft auch die Voraussetzungen für belastbare, anpassungsfähige Lieferketten. Also genau das, was Unternehmen in Zeiten geopolitischer Unsicherheiten, Klimarisiken und sich wandelnder Märkte dringend brauchen. 

Denn mit jeder EUDR-Anforderung wächst auch das Verständnis für die eigene Lieferkette. Welche Regionen bergen erhöhte Entwaldungsrisiken? Welche Lieferanten reagieren verlässlich, welche nicht? Wo fehlen grundlegende Informationen, wo gibt es strukturelle Schwächen? Was als Pflicht beginnt, wird zum Steuerungsinstrument. 

Diese Transparenz ermöglicht es, Risiken nicht nur zu identifizieren, sondern aktiv zu managen: etwa durch bewusste Umstellung auf risikoärmere Beschaffungsmärkte oder durch gezielte Lieferantenentwicklung. Nur wer weiß, wie seine Lieferkette wirklich funktioniert, kann sie auch zukunftsfähig gestalten. 

Gleichzeitig entstehen Strukturen, die sich weit über die EUDR hinaus nutzen lassen. Denn die eingeführten Prozesse – etwa zur Datenerfassung, Risikoanalyse oder Dokumentation – greifen auch bei anderen ESG-Vorgaben. Ob CSDDD, CSRD oder freiwillige Standards: Wer heute EUDR-konform arbeitet, hat morgen weniger Aufwand bei der nächsten Anforderung. 

Lessons Learned.

Die eigentliche Wirkung entfaltete sich erst danach: Die bessere Datenlage machte nicht nur die EUDR-Compliance möglich – sie half auch, die Lieferantenstruktur zu hinterfragen, Risikocluster gezielt zu entschärfen und die Kommunikation entlang der Lieferkette zu professionalisieren.

Fazit: Ohne Wald keine Zukunft.

Die EUDR ist komplex. Sie ist bürokratischer Aufwand. Sie ist fordernd. Und meist auch nicht die einzige ESG-Vorgabe, um die sich Unternehmen kümmern müssen. Klar, dass das irgendwann zu Frust führt. Wozu das alles?  

Wenn wir über ESG sprechen – und gerade, wenn es anstrengend wird – dann sollten wir nie aus den Augen verlieren: Nachhaltigkeit ist kein Reportingziel. Es geht darum, unsere Lebensgrundlage zu erhalten. Und das beginnt beim Schutz der Wälder. 

Wusstest Du, dass VERSO zu den ESG-Pionieren in der Softwarebranche gehört?

Du bist Dir noch unsicher, ob Dein Unternehmen von der EUDR betroffen bist? Mit mit dem kostenlosen EUDR-Check von VERSO findest Du heraus, ob und wie Dein Unternehmen von der EUDR betroffen ist. Außerdem erhältst Du eine praxisnahe Checkliste zur Erfüllung der EUDR-Vorgaben.

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